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WM034 Das Compact-Verbot-Verbot (26/2025)
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WM034 Das Compact-Verbot-Verbot (26/2025)

Das Compact-Verbot-Verbot

Es war der klassische Paukenschlag, eine Sensation, die kreuz und quer durch alle Medien ging: Vor fast einem Jahr verbot die damalige Innenministerin Nancy Faeser die Compact-Magazin GmbH und zog ihr Vermögen ein, weil sich jenes Magazin in den Augen des Innenministeriums gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte.

Der erste Impuls vieler Menschen war, dass das schon richtig so sei. “Compact” ist zweifelsohne ein rechtsextremes Produkt. Sein Gründer und Chefredakteur heißt Jürgen Elsässer und ist für eine ganze Reihe rechtsextremer Umtriebe bekannt, das auch nicht erst seit dem vergangenen Jahr.

Auch das Magazin selbst ist zweifellos rechtsextrem. Es vergibt beispielsweise jährlich einen Preis namens “Held des Widerstands” - und zeichnet damit gerne rechtsextreme Aktivisten oder auch Bündnisse wie die “Identitäre Bewegung” aus. 2017 erschien ein Sonderheft, das die Freilassung der rechtsextremen Terroristin Beate Zschäpe forderte.

Es gibt also genügend Gründe, das Magazin kritisch zu sehen und sicherlich auch, um es verboten sehen zu wollen.

Etwas verboten sehen zu wollen, reicht allerdings nicht. Jedenfalls nicht in einem Rechtsstaat und erst recht nicht, wenn es sich um ein Presseerzeugnis handelt. Denn die Meinungsfreiheit ist eben ein Grundrecht, die Pressefreiheit wichtiger Ausdruck davon.

Das Verbot von Compact wurde denn auch bereits einen Monat später wieder vorübergehend aufgehoben. In dieser Woche geschah das endgültig durch das Bundesverfassungsgericht und rückblickend kann man sich eigentlich nur fragen, was zum Teufel das alles sollte.

Denn natürlich hat die Innenministerin der Demokratie damit einen Bärendienst erwiesen. Das Magazin und die ganze rechte Szene haben von der Story profitiert. Ab Tag des Verbotes konnten sie sich wieder so richtig schön in der Opferrolle suhlen, mit der Aufhebung des Verbotes muss man selbst als ihr größter Feind zugestehen, dass sie offensichtlich buchstäblich zu Unrecht angegriffen wurden.

Die ganze Nummer wirkt ein bisschen wie eine Neuauflage der Spiegel-Affäre - auch wenn man damit dem Spiegel Unrecht tut. Aber auch damals wurde ja ein Magazin angegangen, weil Teile der Regierung seine Inhalte nicht mochten - und nicht mehr und nicht weniger ist hier eben auch geschehen.

Und damals wie heute ging das gewaltig nach hinten los. Während aber damals mit dem “Spiegel” ein Mainstream-Medium von gewisser Relevanz das Ziel war, ist eben Compact tatsächlich ein Blatt, das offen rechtsextrem ist. Damals hat die Regierung ihren Ruf beschädigt - heute hat die Regierung den Ruf der Demokratie beschädigt. Das ist der Unterschied - und das macht den Fall zu einem Problem.

Oder vielleicht auch nicht. Denn wenn sich jetzt vielleicht auch bei der SPD rumspricht, dass Wunschdenken in Sachen Verbote von missliebigen Institutionen nach wie vor nicht höher steht als Grundrechte, könnte das ja weitere ähnlich gelagerte Fehler verhindern helfen.

Was für rechtsextreme Magazine gilt, gilt ja in dieser Hinsicht eben auch für rechtsextreme Parteien: Beides kann man schrecklich gerne verboten sehen wollen. Aber beides ist in einer Rechtsordnung wie der unseren, nämlich einer freiheitlich-demokratischen, sehr streng geschützt.

Es wäre schön, wenn das in dieser Woche final gescheiterte Compact-Verbot, so sehr man es dem Magazin rein inhaltlich auch gönnt, endlich dazu führen würde, dass Verbote bei der Bekämpfung von politischem Extremismus wieder als Ultima Ratio und als nur sehr selten anwendbare Option wahrgenommen werden. Aber eben nicht als der vordergründig naheliegende Normalfall, der er eigentlich sowieso nie war.

Der Kampf gegen den politischen Extremismus kann nur mit demokratischen Mitteln wirklich gewonnen werden. Verbote scheitern meistens - und wenn sie nicht scheitern, lösen sie jedenfalls auch kein Problem. Bestenfalls schaffen sie einfach nur vorläufig einen von hunderten Kanälen aus der Welt, über den sie unsere Gesellschaft mit ihrem Hass beschmieren. Was man nett finden mag - aber die wachsende Zahl der Rechtsextremisten in diesem Land eher vergrößert als verringert.

Die unbequeme Wahrheit ist: Wer wirklich gegen rechten Extremismus kämpfen will, wird mehr leisten müssen, als eine Selbstdarstellung, wie sie Frau Faeser in Sachen Compact hingelegt hat. Sie hat sich im Nachhinein als nützliche Idiotin der Rechtsextremen erwiesen. Danke für nichts.


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