Bei einem Wahlkampftermin in der letzten Woche macht sich Friedrich Merz erkennbar genüsslich darüber lustig, wie zerstritten rotgrün und gelb miteinander umgingen, als es darum ging, sich vergeblich auf eine gemeinsame Linie beim Thema Migration zu einigen. Olaf Scholz hingegen wird nicht müde, zu betonen, dass man Merz nicht trauen könne und er jederzeit sofort mit der AFD koalieren würde. Robert Habeck schaltet mittlerweile teilweise drei(!) Werbespots in einem einzigen Podcast. Christian Lindner erzählt mehrmals täglich auf den Marktplätzen der Republik, dass ohne die FDP in der Regierung nur noch Quatsch passieren würde.
Auch die Medien machen lustigen Quatsch. Am Donnerstag brachte das ZDF den bemerkenswerten Stunt fertig, ein „Duell“ zu veranstalten, das sie „Schlagabtausch XXL“ nannte und zu dem es Vertreter aller im Bundestag vertretenen Fraktionen einlud - nur niemanden von der SPD. Was sie damit erklären, dass der Vertreter der CDU in Wirklichkeit ein Vertreter der CSU war und dann ist es anscheinend okay, wenn die Unionsfraktion in Kombination mit dem fürchterlich großen Kanzlerduell am Wochenende einfach zweimal vertreten ist.
Wahlkampf as usual. Nicht alles schön, natürlich nicht alles seriös, aber so läuft das halt. Allerdings hat Wahlkampf auch noch eine andere Seite und die wurde in dieser Woche offenbar.
Vor der Wahl wurden wir immer wieder davor gewarnt, dass Russland oder andere ausländische Kräfte versuchen könnten, unsere Wahl zu beeinflussen. Wie das wohl aussieht, mag sich da mancher gefragt haben. Seit dieser Woche wissen wir es.
Und damit meine ich nicht jene seltsame Umfrage eines „Democracy Institute“ aus Washington, das noch nicht mal über eine funktionierende Website verfügt (ernsthaft: Dass die Website nicht funktioniert, steht in deren Wikipedia-Eintrag, so lange funktioniert die bereits nicht) und die der britische „The Independent“ veröffentlicht hat. In dieser Umfrage wird behauptet, dass Alice Weidel die aussichtsreichste Kanzlerkandidatin sei und das mit ordentlichem Abstand von fast 10 Prozentpunkten zu Herrn Merz. „The Independent“ gehört einem russischen Oligarchen, dem man aufgrund seiner Vergangenheit unterstellen darf, Herrn Putin gegenüber gelegentlich seine Treue beweisen zu müssen, da wir ja alle wissen, was mit Oppositionellen auch im Ausland passiert, die das nicht tun. Deutsche Medien aus dem rechten Spektrum brauchen solche Quellen, die natürlich schillernder klingen, als sie sind. Democracy Institute, The Independent, ja dann wird das ja seriös sein. Das jedenfalls wollen uns Quatschmedien wie Tichys Blog einreden, dass diese Umfrage prominent nutzte.
Beeinflussung des Medienzirkus ist zweifellos eine Methode, Wahlen zu beeinflussen und wenn das so offensichtlich läuft, wie hier, ist es wenigstens noch einigermaßen zu durchschauen.
Weniger leicht zu durchschauen sind Attacken wie die mit dem Bauschaum, die in dieser Woche aufgedeckt wurde. Überall in Deutschland wurden in letzter Zeit die Auspuffrohre von PKW mit Bauschaum verfüllt, das Auto damit zunächst unbrauchbar gemacht. Dann wurden gerne nette Briefchen dazu am Fahrzeug befestigt, die Robert Habecks Konterfei zieren und auf denen sinngemäß stand, dass der Absender es besser fände, wenn weniger Auto gefahren würde.
Nun ist es so, dass man Teilen des Linken Spektrums derartige Aktionen völlig zurecht zutrauen muss. Die machen noch ganz andere Sachen, sich auf Kreuzungen festkleben, um künstlich Staus zu verursachen, zum Beispiel. Oder Gemälde vernichten, Wahrzeichen attackieren und so weiter. Es sind auch schon PKW zerkratzt, beschmiert und sogar angezündet worden. Es liegt also durchaus nahe, hier zunächst Linksextreme zu verdächtigen und genau so ist es auch gelaufen.
Genau so war die Aktion allerdings auch gedacht, denn sie sollte natürlich dafür sorgen, dass es einen Shitstorm in Richtung der Grünen gibt. Der Punkt ist nur: Die haben mit den Attacken gar nichts zu tun. Sondern es steckt nach Lager der Dinge - der russische Geheimdienst dahinter, der einfach eine Horde Kleinkrimineller angeheuert hat, um überall in Deutschland diese Nummern durchzuziehen. Denn davon würden die vom Kreml unterstützten Kräfte in Deutschland logischerweise profitieren. Und besonders teuer ist so eine Aktion auch nicht. Es soll 100 Euro für jedes verbauschaumte Fahrzeug gegeben haben, so meldete es der Deutschlandfunk. Wenn man nur ein paar zehntausend Euro investiert, wird man mit so einer Aktion garantiert eine ordentliche Wirkung erzeugen. In den entsprechenden Netzwerken auf Telegram und Co werden die Fälle über tausende willige Multiplikatoren verteilt und von dort in die Breite der Bevölkerung gebracht. Na klar funktioniert das.
Diese Geschichte ist eine, die aufgeflogen ist. Aufgrund der niedrigen Kosten können wir davon ausgehen, dass es von dem Kaliber noch viel, viel mehr gibt, dass nie auffliegt. Und auch nicht leicht zu erkennen ist als das, was es ist, weil es eben - wie auch hier - sehr geschickt so wirkt, wie es eben wirken soll.
Das ist das Perfide und das ist, was wir immer im Hinterkopf haben müssen, wenn wir von vermeintlichen Aufregern lesen. Der Kreml ist sich für nichts zu schade.
Ist übrigens mal jemandem aufgefallen, dass sich die Zahl von Messerangriffen und anderen Attacken in den letzten Wochen auffällig häuft? Rein zufällig vor Wahlen. Regelmäßig Täter, die auch vorher schon von sich reden machten, die also den Behörden bekannt waren. Warum sollten die nicht auch dem FSB bekannt gewesen sein, der dann ein bisschen nachhalf, genau jetzt eine Bluttat zu begehen?
Ja okay, das geht arg in den Bereich einer Verschwörungstheorie. Es gibt keinerlei Beweise dafür und wir wollen nicht so tun, als sei das eine ernsthafte Anschuldigung. Der Punkt ist aber, dass auch so etwas unbedingt Teil unserer Vorstellungskraft werden sollte. Denn es ist definitiv sowohl dem Kreml als auch anderen antiwestlichen Kräften - sei es der Iran, sei es China - zuzutrauen, auf solche Art hybrid Krieg zu führen und es wird Zeit, dass wir diese Bedrohungen ernst nehmen. Russland hat in Deutschland bereits auch selbst gemordet, warum also sollte es davor zurückschrecken, andere zum Mord anzustiften?
Wahlkampf war immer schmutzig. In Zeiten wie diesen aber sollte allmählich auch Undenkbares denkbar werden und jeder erste Eindruck sorgfältig und in aller Nüchternheit hinterfragt werden. Dinge, die gewissen Kräften viel zu gut in den Kram passen und mit einem allzu gefälligen Timing daherkommen, sollten erstmal verdächtig sein.
Ja sicher: Eine solche Unsicherheit zu erzeugen ist ebenfalls Teil des Plans der Gegner einer Freien und offenen Gesellschaft, wie die unsere eine ist. Aber gerade deswegen ist es offensichtlich höchste Zeit, dass wir alle gemeinsam eine gewisse Resilienz gegenüber solchen Attacken entwickeln, sie als nicht zu verhindern hinnehmen und uns dennoch eine erhöhte Wachsamkeit und ein gesundes Misstrauen antrainieren, wenn Dinge geschehen, die sich allzu verblüffend gut in bestimmte Narrative fügen.
Diesen Post teilen